05.04.20

Gottesdienst zum Selberfeiern

https://www.mauritiuskirche-ofterdingen.de/fileadmin/mediapool/gemeinden/KG_ofterdingen/pdf/2020_04_05_Gottesdienst_zum_Selberfeiern.pdf

Glockenläuten
Votum
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen.
Begrüßung
Liebe Gemeinde,
schön, dass Sie auch heute wieder dabei sind beim Gottesdienst zum Selberfeiern! Wir beginnen mit einem Lied, dem Wochenlied für den heutigen Sonntag:
Lied: EG 91,1-2.4 Herr, stärke mich, dein Leiden zu bedenken

2) Vereint mit Gott, ein Mensch gleich uns auf Erden / und bis zum Tod am Kreuz gehorsam werden,
an unsrer Statt gemartert und zerschlagen, / die Sünde tragen.

4) Gott ist gerecht, ein Rächer alles Bösen; / Gott ist die Lieb und lässt die Welt erlösen.
Dies kann mein Geist mit Schrecken und Entzücken / am Kreuz erblicken.

Eröffnung
Heute bejubelt, morgen fallen gelassen: der Einzug Jesu in Jerusalem am Palmsonntag steht am Anfang der Karwoche. Wenig später schlagen sie ihn ans Kreuz. Der Palmsonntag führt also in eine Grenzzeit hinein: Die Hände, die eben noch Palmzweige schwingen, sind schon zu Fäusten geballt. Das „Hosianna“ wird zum gellenden „Kreuzige“-Ruf, fröhliche Gesichter erstarren zu Fratzen. Und doch ist es Jesu Tod am Kreuz, der den Menschen Leben bringt. Sein Weg ins Dunkel war ein Weg ins Licht, heute bekennen wir das. Im Geschlagenen, im Verachteten war Gott ganz nah. Nur wenige erkannten das – wie die Frau, die den Todgeweihten wie einen König salbte. Um sie soll es heute gehen.
Der Wochenpsalm ist Psalm 69 – herzliche Einladung ihn nun zu beten.
Psalm 69 (EG 731)
Gott, hilf mir!
Denn das Wasser geht mir bis an die Kehle.
Ich versinke in tiefem Schlamm,
wo kein Grund ist;
ich bin in tiefe Wasser geraten,
und die Flut will mich ersäufen.
Ich habe mich müde geschrien,
mein Hals ist heiser.
Meine Augen sind trübe geworden,
weil ich so lange harren muss auf meinen Gott.
Ich aber bete zu dir, Herr, zur Zeit der Gnade;
Gott, nach deiner großen Güte erhöre mich mit deiner treuen Hilfe.
Errette mich aus dem Schlamm,
dass ich nicht versinke,
dass ich errettet werde vor denen, die mich hassen,
und aus den tiefen Wassern;
dass mich die Flut nicht ersäufe und die Tiefe nicht verschlinge
und das Loch des Brunnens sich nicht über mir schließe.
Erhöre mich, Herr, denn deine Güte ist tröstlich;
wende dich zu mir nach deiner großen Barmherzigkeit
und verbirg dein Angesicht nicht vor deinem Knechte,
denn mir ist angst; erhöre mich eilends.
Nahe dich zu meiner Seele und erlöse sie,
Gott, deine Hilfe schütze mich!
(In dieser Woche wird kein „Ehr sei dem Vater“ gesungen.)
Gebet und Stilles Gebet
Guter Gott,
Heute denken wir an deinen Einzug in Jerusalem. Begeisterung und Verachtung liegen dabei so nah beieinander.
Gib uns heute gute Gedanken. Mach uns ruhig und aufmerksam. Wir wissen uns mit deiner ganzen Kirche verbunden.
Alles, was uns umtreibt, legen wir in deine Hand und werden still. Stille
Nahe dich zu meiner Seele und erlöse sie. Gott, deine Hilfe schütze mich! Amen.
Predigt
Die Qual der Wahl: jeden Tag stehen wir vor Entscheidungen. Manchmal im Kleinen (blauer oder roter Pullover?), manchmal im Großen: Berufswahl, Entscheidung für oder gegen ein Haus, ein Haustier, ein Kind… Und manchmal, da liegen uns solche Entscheidungen besonders schwer im Magen. Nicht immer ist ja auch ganz klar, wie die Folgen unserer Entscheidung aussehen. Ich denke da auch an die aktuelle Diskussion, wann welche Teile unseres beruflichen und gesellschaftlichen Lebens wieder hochgefahren werden sollen. Ein Abwägen zwischen „Menschenleben“ (konkreter lässt es sich kaum sagen) und „wirtschaftlichen Interessen“ (und damit auch einzelnen Schicksalen, Ängsten, Existenzen)? Gar nicht so leicht.
In unserem Predigttext wird eine Frau schwer gerügt für die Entscheidung, die sie getroffen hat. Es geht dabei ums Geld. Der Predigttext steht im Markusevangelium (Mk 14,3-9).
3 Und als Jesus in Betanien war im Hause Simons des Aussätzigen und saß zu Tisch, da kam eine Frau, die hatte ein Alabastergefäß mit unverfälschtem, kostbarem Nardenöl, und sie zerbrach das Gefäß und goss das Öl auf sein Haupt.
4 Da wurden einige unwillig und sprachen untereinander: Was soll diese Vergeudung des Salböls?
5 Man hätte dieses Öl für mehr als dreihundert Silbergroschen verkaufen können und das Geld den Armen geben. Und sie fuhren sie an.
6 Jesus aber sprach: Lasst sie! Was bekümmert ihr sie? Sie hat ein gutes Werk an mir getan.
7 Denn ihr habt allezeit Arme bei euch, und wenn ihr wollt, könnt ihr ihnen Gutes tun; mich aber habt ihr nicht allezeit.
8 Sie hat getan, was sie konnte; sie hat meinen Leib im Voraus gesalbt zu meinem Begräbnis.
9 Wahrlich, ich sage euch: Wo das Evangelium gepredigt wird in der ganzen Welt, da wird man auch das sagen zu ihrem Gedächtnis, was sie getan hat.
Unsere Frau ohne Namen platzt ins abendliche Essen, in eine Tischrunde mit lauter Männern.
Sie scheint es eilig zu haben. Geht direkt auf Jesus zu. Ich nehme an, dass sie weiß: wenn sie zögert oder sich erklärt, kommt sie nicht dazu, ihn zu salben. Man würde sie vor die Tür stellen. Sie hat hier nichts zu suchen. In ihren Händen: ein Fläschchen mit Nardenöl.
Nardenöl war ein sehr kostbares Öl, das aus der Heil- und Nutzpflanze Narde gewonnen wird. Diese Pflanze gehört zu den Baldriangewächsen und stammt ursprünglich aus dem Himalaya. Sie wird auch heute noch verwendet. Das teuerste Duftöl weit und breit.
Sie geht zu Jesus, zerbricht den schmalen Hals des Fläschchens, der so konstruiert ist, damit der wertvolle Inhalt nur tropfenweise herauskommt, damit ja nichts vergeudet wird. Sie schüttet gleich den ganzen Inhalt auf den Kopf Jesu.
„Bist du verrückt?“, ruft es aus der Runde der Tischgenossen. Das ist pure Vergeudung! Du würdest Jesu mehr Freude machen, wenn du das Geld statt für diesen Luxus für die Armen einsetzen würdest. Gute Werke wollen wir sehen, keine sinnlosen Taten.
300 Silbergroschen! Ein Tagelöhner zur damaligen Zeit verdiente etwa einen einzigen Silbergroschen am Tag – wenn er denn überhaupt Arbeit bekam. Den Verdienst eines Tagelöhners von einem Jahr oder mehr „ver­schwendete“ diese Frau an Jesus – so meinten die Jünger. Was hätte man nicht alles damit Gutes tun können …
Recht haben sie ja schon, die Jünger! Manche vermuten dahinter zwar weniger die Sorge um die Armen als Eifersucht der Jünger, Ärger über dieses unangepasste Verhalten der Frau. Aber sei´s drum, wir wissen es nicht. Und das Argument selbst bleibt: davon wären viele Menschen satt geworden!
Es ist ein „zweck-loses“ Geschenk, ohne direkten praktischen Nutzen. Aber wohltuend, hoch symbolisch – auch für den armen Jesus, an dessen Ängste man in dem Moment so selten denkt, obwohl es doch eigentlich genau um ihn geht.
Die Frau scheint das zu sehen. Und sie durchbricht die gesellschaftliche Norm und das Schickliche, Angemessene: sie als Frau nähert sich (zudem ungefragt) einer Männerrunde und leert ein Fläschchen kostbarstes Öl auf Jesu Kopf. Damit ehrt sie ihn, fast wie einen König. Damit tröstet sie ihn, und damit macht sie ihn fürs Begräbnis bereit – etwas, das nach seinem Tod niemand für ihn tun konnte. Und wenn ich es von der Seite betrachte, dann ist diese Wahl doch nicht mehr ganz so einfach, wie es zuerst aussah. Gegenübergestellt sind etwas Materielles (Geld) für etwas nicht Materielles (ein Symbol der Liebe und Zuneigung). Was für eine Wahl!
Wie entscheiden wir uns in solchen Fällen? Spenden wir als Kirche eher für die Kirchenrenovierung oder eher für das Flüchtlingslager auf Lesbos? Zum Glück steht unsere Kirche (noch?) so gut da, dass wir beides machen können. Aber die Frage bleibt: gibt es hier richtig und falsch?
Diese Geschichte will uns sicher nicht lehren, dass wir das Leid der Armen ignorieren und unsere Ignoranz mit teurem Parfüm überdecken sollen. Wir haben hier natürlich auch einen Sonderfall: es geht um ein ganz und gar einmaliges Ereignis: die Salbung Jesu als Vorbereitung auf seinen Tod, nicht um eine Geringschätzung von der (auch von Jesus gebotenen!) Fürsorge für die Armen!
Es ist auch eine Frage des Zeitpunktes. Luxuspflegeprodukte sind nicht ständig angebracht, aber hier schon! Hier dient es als Zeichen der Liebe, des Trostes, auch schon der Trauer und des Abschiednehmens. Und das ist viel wert – das ist in eine Flasche abgefülltes Mitleiden, Trösten. Jesus sagt hier: diese Entscheidung der Frau, die war richtig so!
Jesus hat diese Stärkung, Tröstung gebraucht – so etwas ist ein Wert, der sich nicht einfach in Euro messen lässt. Es gibt nicht nur die reine Geld-Seite, in der wir alles in Zahlen umrechnen und auf seine Effizienz hin untersuchen. Und auf dieser Ebene wünsche ich uns allen, dass uns die Geschichte von der salbenden Frau Mut macht, zweckfreies, wohltuendes, überströmendes, manchmal unvernünftiges Handeln zuzulassen – sowohl dass wir es an uns geschehen lassen als auch dass wir es anderen tun.
Ein grundsätzliches Urteil ist diese Geschichte nicht, keine Entscheidung für die innere Fürsorge und gegen die äußerliche Fürsorge. Aber diese Zahl: 300 Silbergroschen, die bleibt hängen. Sie können uns dazu anregen uns zu überlegen: was ist unser Auftrag, als Kirche und als Einzelpersonen? Wenn ich etwas tue: wem tue ich damit gut? Und ich kann mich fragen: wo bin ich vielleicht auch zu kleinlich, zu geizig, und könnte anderen durch nur wenig Einsatz so viel geben?
„Sie hat getan, was sie konnte“, das sagt Jesus über die verschwenderische Frau: das ist doch mal ein ermutigender Satz, eine gute Grundlage für unser Denken und Handeln! In unserem (vielleicht bescheidenen) Rahmen tun, was wir können. Dass manche unserer Entscheidungen sich im Nachhinein als falsch herausstellen – und wir es bei manchen auch vorher hätten wissen können – das haben wir vermutlich alle schon erlebt.
Wir können Gott dabei immer um Klugheit bitten, um Vergebung, um Motivation, es besser zu machen. Aber diese Ermutigung bleibt: Manchmal ist es gerade das Kleine, das Not tut, das gut tut, das viel mehr bewirkt als sein direkter „Wert“.
Das könnte unser Ziel sein: in allem das tun, was wir können; zu glauben und zu vertrauen, wie es uns möglich ist. Etwas von unseren Gaben und unserem Reichtum für andere einsetzen. Und wenn wir dabei nicht vorrangig an uns selber denken, sondern an unsere Mitmenschen, dann wird unsere Entscheidung meist so falsch nicht sein.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

Lied: EG 382 Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr


2) Von Zweifeln ist mein Leben übermannt, / mein Unvermögen hält mich ganz gefangen.
Hast du mit Namen mich in deine Hand, / in dein Erbarmen fest mich eingeschrieben?
Nimmst du mich auf in dein gelobtes Land? / Werd ich dich noch mit neuen Augen sehen?

3) Sprich du das Wort, das tröstet und befreit / und das mich führt in deinen großen Frieden.
Schließ auf das Land, das keine Grenzen kennt, / und lass mich unter deinen Söhnen leben.
Sei du mein täglich Brot, so wahr du lebst. / Du bist mein Atem, wenn ich zu dir bete.
Fürbittgebet und Vaterunser
Barmherziger Gott, du hast dich dazu entschieden, in deinem Sohn Jesus in unsere Welt zu kommen und dich dem Leiden auszusetzen. Danke dafür!
So oft treffen wir Entscheidungen, die wir bereuen, die uns und anderen wehtun. Bitte vergib uns und schenk uns Weisheit und Mut, wenn wir vor schweren Entscheidungen stehen.
Gott, so viele Menschen leiden: an Hunger oder an Einsamkeit, unter Verfolgungen oder unter Ängsten und Zweifeln. Lass uns ihr Leiden nicht übersehen und zeig uns, wie wir helfen und für andere da sein können.
Sei bei den Kranken, tröste du die Trauernden, stärke du die Verzweifelten! Zeig uns allen, dass du uns nicht verlässt!
Dir möchten wir vertrauen. Alles, was uns beschäftigt, legen wir dir hin und beten gemeinsam mit der ganzen Christenheit: Vater unser…
Ansagen
Nächste Woche erreichen wir den Höhepunkt der Passionszeit, und Ostern ist auch schon am kommenden Sonntag. Sie finden ab Mittwoch auf der Homepage (bzw. bekommen per Mail) folgende Gottesdienste bzw. Andachten zum Selberfeiern:
- An Gründonnerstag gibt es eine Agape-Feier, also: den Rahmen für eine gemeinsame Mahlzeit in Gedenken an das letzte Abendessen Jesu mit seinen Freunden.
- An Karfreitag gibt es einen meditativen Kreuzweg: an sieben Stationen wird der Leidensweg Jesu nachvollzogen und jeweils zum Nachdenken über das eigene Leben angeregt.
- Für die Osternacht wird ein Gottesdienst vorbereitet, der wie gewohnt viele Lesungen enthält und für den man sich am Samstag die gewohnten Becherkerzen in der Kirche abholen kann, samt dem Licht der Osterkerze. Herzliche Einladung dazu!
- Am Ostersonntag wird zu einem Oster-Frühstück für die ganze Familie oder Hausgemeinschaft eingeladen: dabei gibt es einen Oster-Impuls anhand von einem Osterei.
Segen
Gehen wir in diesen Tag und in die kommende Woche unter dem Segen unseres Gottes.
Der HERR segne uns und behüte uns,
der HERR lasse sein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig,
der HERR erhebe sein Angesicht auf uns und gebe uns Frieden.
Amen.